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Privatstiftungen - gesetzliche Klarstellung der Übertragung stiller Reserven für Altfälle in Kraft

Mag. Richard Prendinger
Von:
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Am 21. Juli 2023 wurde das Abgabenänderungsgesetzes 2023 (AbgÄG 2023) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das AbgÄG 2023 beinhaltet u.a. auch die gesetzliche Klarstellung für die Übertragung stiller Reserven auf Ersatzbeteiligungen, die der herrschenden Verwaltungsmeinung entsprachen, jedoch aufgrund des VwGH-Erkenntnisses Ra 2021/15/0053 vom 17. November 2022 die Anforderungen für die Übertragung stiller Reserven gemäß § 13 Abs 4 KStG nicht mehr erfüllten.
Inhalt

Das Körperschaftsteuergesetz erlaubt österreichischen Privatstiftungen anlässlich von Beteiligungsveräußerungen, die stillen Reserven im Kalenderjahr der Veräußerung auf einen neu angeschafften Anteil - der mehr als 10% betragen muss - einer Körperschaft, zu übertragen. Die Übertragung von stillen Reserven stellt einen der letzten verbleibenden Steuervorteile für Privatstiftungen dar und ermöglicht es, dass der Veräußerungsgewinn vorerst nicht der Zwischensteuer unterliegt. Die Stiftungsrichtlinien führen die erlaubten Ersatzanschaffungen an und präzisieren die korrekte Anwendung.

Judikat widerspricht Stiftungsrichtlinien

Der Verwaltungsgerichtshof hatte am 17. November 2022 (Ra 2021/15/0053-9) entschieden, dass eine Übertragung stiller Reserven durch eine Kapitalerhöhung inklusive Agio bei einer bereits bestehenden, 100%-igen Tochtergesellschaft einer Privatstiftung aus seiner Sicht nicht als Ersatzinvestition gilt, da weder eine neue Beteiligung erworben wurde, noch sich das Beteiligungsausmaß geändert hat. Diese Ansicht steht jedoch im Widerspruch zu den Stiftungsrichtlinien, die eine entsprechende Vorgehensweise ausdrücklich anführen.

In der österreichischen Stiftungs-Community hat dieses Judikat eine große Verunsicherung ausgelöst. Insbesondere die Frage, ob das Judikat auch schon auf bereits bestehende Übertragungsfälle anzuwenden ist und daher bereits stattgefundene Übertragungsfälle überhaupt rechtsgültig zustande gekommen sind.

Gesetzliche Regelung für Altfälle

In Reaktion darauf hat nun der Gesetzgeber im Rahmen des AbgÄG 2023 eine Regelung für Altfälle getroffen, die ursprünglich im Einklang mit der Verwaltungsmeinung waren, jedoch aufgrund des VwGH-Erkenntnisses nun fraglich war, ob die bereits stattgefundene Übertragung der stille Reserven überhaupt rechtsgültig ist.

Demnach können gemäß dem AbgÄG 2023 durch Beteiligungsveräußerungen aufgedeckte stille Reserven weiterhin wirksam übertragen werden, wenn die stillen Reserven vor dem 1. Jänner 2023 aufgedeckt wurden und deren Übertragung auf eine Ersatzbeteiligung mit einem Ausmaß von über 10 % im Zuge einer ordentlichen Kapitalerhöhung erklärt wurden.

Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 

  • Die Kapitalerhöhung wurde vor dem 1. Mai 2023 beschlossen und
  • der Anteil der Privatstiftung erreicht danach ein Ausmaß von mehr als 10 % oder
  • das Grund- oder Stammkapital wird um insgesamt mehr als 10 % erhöht und der Anteil der Privatstiftung wird dadurch nicht verwässert.

Für die Übertragung stiller Reserven bei Erwerb von Partizipationskapital oder Substanzgenussrechten sind dieselben Regelungen sinngemäß anzuwenden. 

Anwendungszeitraum

Diese Übergangsregelung ist rückwirkend ab der Veranlagung des Kalenderjahres 2001 anzuwenden. Damit werden Altfälle, welche im Vertrauen auf die zum Übertragungszeitpunkt herrschende Verwaltungspraxis, durch den Gesetzgeber geschützt.

In Bezug auf Neufälle, also der Übertragung von stillen Reserven, ab dem 1. Jänner 2023, ist die Übertragung nur möglich, wenn – im Einklang mit der Ansicht des VwGH – ein Anteil von mindestens 10 % erworben wird. Der Erwerb des Anteils kann dabei im Rahmen einer Neugründung, eines Anteilserwerbs oder einer Kapitalerhöhung erfolgen.

Sehr gerne stehen wir für vertiefende Fragen zur Verfügung.