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Steuerpolitische Vorhaben im Regierungsprogramm 2025-2029

Von:
Sabine Strauss,
Raphael Holzinger
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Die voraussichtliche neue österreichische Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und NEOS hat sich auf ein Regierungsprogramm geeinigt, das am Donnerstag, 27.02.2025 der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Dieser Überblick fasst die wichtigsten wesentlichen geplanten Änderungen im Bereich Steuern und Abgaben zusammen. Die jeweilige Konkretisierung und legistische Umsetzung bleibt noch abzuwarten.
Inhalt

 

Mehr Effizienz im Steuersystem

  • Um die wichtigen steuerlichen Kontroll- und Serviceaufgaben auch in Zukunft erfüllen zu können, bekennt sich die Bundesregierung zur Bereitstellung von ausreichend Ressourcen (Personal, Digitalisierung, KI) und zur Attraktivierung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Finanzverwaltung.

Vereinfachung des Steuerrechts, 
insbesondere der Lohnverrechnung und der Arbeitnehmerveranlagung

  • Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes, der Lohnverrechnung und der Arbeitnehmerveranlagung.  
  • Die Arbeit an der Neukodifizierung des Einkommensteuergesetzes wird fortgesetzt, mit dem Ziel ein neues Einkommensteuergesetz zu erlassen.  
  • Angestrebt wird ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Vereinfachung, Entbürokratisierung und Digitalisierung der Lohnverrechnung und der Arbeitnehmerveranlagung.  
  • Die Arbeitnehmerveranlagung soll vereinfacht werden, unter anderem durch eine Prüfung der Höhe von z.B. Veranlagungsfreibetrag und Werbungskostenpauschale. Zudem ist eine Reform der außergewöhnlichen Belastungen geplant.  
  • Im Sinne einer besseren Sichtbarkeit mit dem Ziel positive Arbeitsanreize zu setzen, wird die Möglichkeit geprüft die Negativsteuer unbürokratisch in die Lohnverrechnung zu integrieren. 

Einkommenssteuer

  • Verlängerung des 55%igen Steuersatz im Einkommensteuergesetz um 4 Jahre. 
    Die Bundesregierung bekennt sich zum Leistungsprinzip. Sowohl die bezahlten Arbeitsstunden als auch die (unbezahlten) „Care“-Stunden tragen zum Wohlstand in Österreich bei. Steuerliche Anreize bzw. Senkungen sollen umgesetzt werden, um das Angebot an geleisteten, bezahlten Arbeitsstunden zu erhöhen und die Beschäftigung zu fördern. Dies soll gleichzeitig den privaten Konsum und das Wirtschaftswachstum  stärken, sofern es budgetär sowie konjunkturell möglich ist.
  • Weiters soll der Freibetrag im Rahmen der Besteuerung der sonstigen Bezüge (13. & 14. Monatsgehalt) angehoben werden sowie eine Evaluierung der Höhe der Steuerbefreiungen für Zuwendungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer:innen (z.B. bei Betriebsveranstaltungen und steuerfreien Mitarbeitergutscheinen) erfolgen (§ 3 EStG).

Lohnnebenkosten

  • Bis zur Mitte der Regierungsperiode werden – abhängig von der konjunkturellen und budgetären Entwicklung – die Lohnnebenkosten in einem ersten Schritt gesenkt. Ziel ist dann eine weitere stufenweise Entlastung ausschließlich im Rahmen des FLAF (3,7 %). Dies erfolgt bei budgetärer Sicherstellung des Erhalts der FLAF-Leistungen. 
  • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Senkung der Lohnnebenkosten: Die Bundesregierung bekennt sich zur Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und setzt sich auf europäischer sowie nationaler Ebene für deren Steigerung – insbesondere im internationalen Vergleich – ein. Dies erfolgt durch eine Schwerpunktsetzung zur Senkung von Energiekosten, Bürokratiekosten sowie Lohnstückkosten insbesondere Lohnnebenkosten/Arbeitskosten.

Arbeiten im Alter

  • Für Personen in einer echten Alterspension (keine vorzeitige Alterspension) soll ein neues Modell des Zuverdienstes durch die Bundesregierung mit den Sozialpartnern entwickelt werden. Dazu folgende Eckpunkte:
    • Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Dienstnehmer:innen  
    • Dienstgeber entrichten den halben Beitrag zur PV und KV; restliche Lohnnebenkosten bleiben gleich.  
    • Keine Aufwertung des Pensionskontos.  
    • Das Zuverdiensteinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird mit 25 % endbesteuert (Abzugssteuer)  
    • Der Deckel für das begünstigte Einkommen ist noch zu klären  
    • Inkrafttreten ab 01.01.2026 und Evaluierung nach zwei Jahren 

Steuerfreie Mitarbeiter:innen Prämie

  • Einführung einer verbesserten steuerfreien MA-Prämie (bis zu EUR 1.000), für 2025 & 2026 werden dafür je EUR 125 Mio. zur Verfügung gestellt.  
  • Für eine etwaige Verlängerung erfolgt eine Evaluierung. 

Pauschalierung

  • Ab 2025 soll die Basispauschalierung inkl. Vorsteuerpauschale zuerst auf EUR 320.000 sowie 13,5 % und ab 2026 auf EUR 420.000 sowie 15 % angehoben werden

Belegausstellung

  • Unter der Beibehaltung von Betrugssicherheit und Erhalt aller Umsätze in der Registrierkasse („Verkettung“) wird die Belegausstellungspflicht bis EUR 35 abgeschafft („Ausdruck“) und darüber hinaus als Alternative ein digitaler Beleg eingeführt. Auf Wunsch der Konsument:innen wird ein gedruckter Beleg ausgehändigt.  
  • Vereinfachungen Registrierkasse (15-Waren-Regelung Dauerrecht), Vereinfachung Wareneingangsbuch und Kalte-Hände-Regelung.  

Luxustangente

  • Die Bundesregierung bekennt sich – unter Budgetvorbehalt – zu einer Anhebung in Richtung EUR 65.000. 
  • Erster Schritt: Anhebung ab 2027 auf EUR 55.000. 

Ausnahme Normverbrauchsabgabe N1/Klein-LKW

  • Befreiung N1/Klein-LKWs von der NoVA ab 01.07.2025  
  • „Heimfahrerregelung“: Klarstellung einer praktikablen Regelung für „Heimfahrer“ mit Klein-LKWs 

Sonderabschreibungen

  • Evaluierung von Abschreibungsdauern insgesamt und Prüfung der Anpassung auf die tatsächlichen Nutzungsdauern.  
  • Prüfung von Abschreibungen unter möglichst großer Vermeidung von Mitnahmeeffekten und Fokus auf Ausrüstungsinvestitionen sowie Bauinvestitionen mit Fokus auf Sanierung im Hinblick auf budgetäre Möglichkeiten. 

Anhebung Gewinnfreibetrag

  • Ab 01.01.2027 wird der Grundfreibetrag von 15 % bis EUR 33.000 auf 15 % von EUR 50.000 dauerhaft angehoben.

Betriebsübergaben

  • Österreich ist das Land der Familienunternehmen. Um Betriebsübergaben an die nächste Generation wesentlich zu erleichtern, wird der steuerliche Veräußerungsfreibetrag ab 01.01.2027 von EUR 7.300 auf EUR 45.000 angehoben. Zusätzlich entfällt für die Nutzung des „Hälftesteuersatzes“ das Berufsverbot.

Vereinfachung der Quellensteuerrückerstattung

  • Um die Quellensteuerrückerstattung bei grenzüberschreitenden Veranlagungen zu vereinfachen und zu beschleunigen, wird die Bundesregierung die FASTER Initiative der Europäischen Union möglichst rasch in nationales Recht überführen.

Verbesserung der Rahmenbedingungen für grenzüberschreitendes Homeoffice

  • Einsatz der Bundesregierung auf internationaler Ebene (OECD, EU) für koordinierte und rechtssichere Rahmenbedingungen für grenzüberschreitendes Homeoffice/Remote Working.

Start-Ups

  • Start-up Förderung durch Einführung eines Aktivierungswahlrechts bei selbst erstellten immateriellen Vermögenswerten.
  • Durch das Aktivierungsverbot selbst erstellter immaterieller Vermögensgegenstände haben österreichische Unternehmen, allen voran Start-ups, Nachteile im Wettbewerb um internationale Geldgeber. Denn selbst geschaffene Vermögenswerte sind in der Bilanz nicht sichtbar. Das Aktivierungsverbot soll daher in Anlehnung an internationale Entwicklungen, insbesondere Deutschland, durch ein Aktivierungswahlrecht für selbsterstellte immaterielle Vermögensgegenstände ersetzt werden. Dem Gläubigerschutz soll durch eine bilanzielle Ausschüttungssperre oder durch andere adäquate Maßnahmen Rechnung getragen werden.
    • Die neue "Flexible Kapitalgesellschaft" wird evaluiert und gegebenenfalls weiterentwickelt.

Verbesserung der Steuerstruktur und Steuerbetrugsbekämpfung

  • Lückenschluss bei der Grunderwerbsteuer mit 01.07.2025, um große Immobilientransaktionen (Share Deals) steuerlich effektiver zu erfassen (z.B. durch Zusammenrechnung verbundener Erwerber).
  • Anhebung der Stiftungseingangssteuer und des Stiftungseingangssteueräquivalents auf 3,5 % und der Zwischensteuer für Stiftungen auf 27,5 %  
  • Widmungsgewinne aus Widmungen sollen noch im Jahr 2025 im Rahmen der Immo-ESt steuerlich effektiver erfasst werden (Widmungsabgabe). Die Regelung gilt für alle juristischen und natürlichen Personen und somit für natürliche Personen, Unternehmen sowie Vereine und Körperschaften öffentlichen Rechts sowie Gebietskörperschaften.  
  • Maßnahmenpaket im Bereich Betrugsbekämpfung:  
    • Abschaffung des Vorsteuerabzugs für Luxusimmobilien  
    • Ausweitung des Reverse Charge-Systems im Rahmen der Umsatzsteuer auf Grundstücke
    • effektivere Ausgestaltung der Wegzugsbesteuerung
    • effektive Nutzung neuer Datenquellen wie automatischer Informationsaustausch über Kryptokonten
    • Einrichtung einer Expert:innenkommission, die weitere Vorschläge für die Betrugsbekämpfung erarbeiten soll. 

Steuerliche Themen Kapitalmarkt

  • Weitere Attraktivierung von Mitarbeiter:innenbeteiligungsprogrammen.
  • Evaluierung von Möglichkeiten zur Vorsorge für junge Menschen auch für Wertpapiere (z.B. ETF-Sparpläne).  
  • Zeitnahe Umsetzung der Sozialpartnereinigung zur Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge (insbesondere des Generalpensionskassenvertrages).
  • Der jährliche Freibetrag für Zuwendungen zur privaten Vorsorge (Zukunftssicherung, Ausgaben des DG für Versicherungs- oder Vorsorgeeinrichtungen wie bspw. Prämienzahlungen für eine Lebensversicherung) wird im Rahmen der budgetären Möglichkeiten angehoben.

Steuern/Tourismus

  • Die Bundesregierung prüft im UGB die Möglichkeit eines Aufwertungswahlrechtes des Bilanzansatzes von Grund und Boden auf den Verkehrswert (auch über die Anschaffungskosten hinaus), unter entsprechenden Vorkehrungen im Gläubigerschutz.  
  • Prüfung einer verbesserten Praxistauglichkeit der Sachbezugsregelung bei Mitarbeiter:innen-Wohnungen sowie des geldwerten Vorteils bei Kinderbetreuungsangeboten des Arbeitgebers sowie von Mitarbeiter:innenrabatten. 
  • Trinkgeldregelungen: Evaluierung und praxistaugliche Ausgestaltung der Regelungen für die Trinkgeldpauschale inkl. TRONC-Systeme. 

Sonstige Steuer- und Abgabenthemen

  • Steuerliche Begünstigung von Überstunden bzw. Zuschlägen.  
  • Einsatz auf EU-Ebene für Vorziehung der Abschaffung der Zollfreigrenze zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs für heimische Handelsunternehmen.
  • Der jährliche Freibetrag für Zuwendungen zur privaten Vorsorge (Zukunftssicherung, Ausgaben des DG für Versicherungs- oder Vorsorgeeinrichtungen wie bspw. Prämienzahlungen für eine Lebensversicherung) wird im Rahmen der budgetären Möglichkeiten angehoben.
  • Anpassungen/Erweiterung bei der Digitalsteuer auf weitere Services
  • Standortbeiträge der Energiewirtschaft und der Banken
    • Der Energiekrisenbeitrag Strom sowie der Energiekrisenbeitrag Fossile Energie werden verlängert und angepasst.
    • Die Bankenabgabe (Stabilitätsabgabe) wird angepasst.
  • Glückspiel (Erhöhung Wettgebühr und Glücksspielabgabe).
  • Vorzeitige Abschaffung des Umsatzsteuer Nullsteuersatzes für Photovoltaik Anlagen.
  • Ausweitung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf E-Autos.
  • Modernisierung des Tabakmonopols und nachhaltige Besteuerung von Tabak und Nikotinprodukten:
    • Anhebung der Tabaksteuer sowie Ausweitung auf alternative Erzeugnisse
  • Nachvalorisierung der Bundesgebühren.
  • Krankenversicherungspflicht für geringfügige Beschäftigung.
  • Prüfung von steuerlichen Anreizen für stärkere Unterstützung von Kunst und Kultur durch Private und Unternehmen.
  • Einsatz auf EU-Ebene für Vorziehung der Abschaffung der Zollfreigrenze zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs für heimische Handelsunternehmen

Fazit

Das aktuelle Regierungsprogramm enthält zahlreiche steuerpolitische Vorhaben, deren genaue Ausarbeitung noch aussteht. Konkretisierungen und die legistische Umsetzung ist abzuwarten, da eine präzise Umsetzung entscheidend ist, um die angestrebten Ziele zu erreichen und mögliche Schwächen zu vermeiden.