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EuGH-Urteil zur Umsatzsteuer beim Laden von Elektrofahrzeugen

EuGH bestätigt Reihenlieferung von Elektrizität unter bestimmten Bedingungen.

Von:
Jennifer Marinkovic
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Nachdem sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Verwendung von Tankkarten bei fossilen Kraftstofflieferungen befasst hat, äußerte er sich nun in der Rechtssache „Digital Charging Solutions GmbH (C-60/23)“ zum Aufladen von Elektrofahrzeugen mittels Ladekarte. Wir erläutern die Hintergründe und Auswirkungen.

Hintergrund und Urteil

Bei der Digital Charging Solutions GmbH (DCS) handelt es sich um einen E-Mobilitätsbetreiber (E-Mobility Provider, „EMP“), der Nutzer:innen in Schweden Zugang zu einem Netzwerk von E-Ladestationen ermöglicht. Diese werden von verschiedenen Charge-Point-Operators (CPOs) betrieben. Der/die Nutzer:in bezieht die Elektrizität somit von den Ladepunkten der CPOs, hat seinen oder ihren Vertrag jedoch mit DCS (als E-Mobility Provider) abgeschlossen. DCS wiederum hat mit den CPOs Vereinbarungen getroffen, die den Nutzer:innen den Zugang zu den Ladepunkten ermöglichen.

DCS stellt den Nutzer:innen in Echtzeit Informationen über Preise, Standorte und Verfügbarkeit der Ladepunkte zur Verfügung und bietet über das Netzwerk zusätzlich Funktionen bzw. Dienstleistungen für das Auffinden von Ladepunkten sowie zur Routenplanung an. Für die Registrierung bei den Ladevorgängen und die Nutzung der zusätzlichen Funktionen und Dienstleistungen stattet DCS die Nutzer:innen mit einer Karte und einer Authentifizierungsapplikation (App) aus. Für den Zugang zum Netzwerk und die Funktionen bzw. Dienstleistungen stellt DCS den Nutzer:innen eine feste monatliche Gebühr in Rechnung, während die Preise, für die von den Nutzer:innen bezogene und von DCS abgerechnete Elektrizität variieren.

Der EuGH hatte nun zu beurteilen, 

  • ob die Leistung des Aufladens eines E-Fahrzeugs an einem Ladepunkt, der zu einem Netz öffentlicher Ladepunkte gehört, als Lieferung von Elektrizität zu sehen ist, und
  • ob dabei eine Lieferung von Elektrizität vorliegt, die im Rahmen einer Reihenlieferung (Lieferkette) von den CPOs an DCS und von dieser an die Nutzer:innen erfolgt – insbesondere dann, wenn nur der/die Nutzer:in des E-Fahrzeugs über die Umstände wie Menge, Zeitpunkt oder Ort des Aufladens sowie die Verwendung der Elektrizität entscheidet.

Nach dem EuGH liegt eine Reihenlieferung von Elektrizität vor, wenn der E-Mobility Provider (hier also DCS) die Umsätze im Rahmen eines Kommissionsvertrags im eigenen Namen, aber für Rechnung des/der Nutzer:in tätig, und sich die tatsächliche Lieferung von Elektrizität von DCS an den/die Nutzer:in nicht von der Lieferung der CPOs an DCS unterscheidet. Der EuGH ging in weiterer Folge im vorliegenden Fall offenbar von einer solchen Reihenlieferung aus. Dabei sah es der EuGH scheinbar auch nicht als schädlich an, dass DCS neben der Bereitstellung von Elektrizität auch weitere Dienstleistungselemente an die Nutzer erbringt.

Auswirkungen

Die Beurteilung als Reihenlieferung ist grundsätzlich zu begrüßen, da die Abrechnung der vom Nutzer oder von der Nutzerin „getankten“ Elektrizität als Lieferung des E-Mobility Providers (und nicht des CPO) an den/die Nutzer:in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Praxis entspricht. Kritisch zu sehen ist allerdings, dass sich der EuGH in seiner Entscheidung nur sehr vorsichtig auf den konkreten Einzelfall bezieht. Nach dem EuGH müssen nationale Gerichte im Einzelfall prüfen, ob die spezifischen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Reihenlieferung sprechen.

Der EuGH grenzt die Aufladung von E-Autos auch von seinen bisherigen Entscheidungen zu Tankkartenumsätzen (bei fossilen Kraftstoffen) ab. Die Rechtsprechung zu den Tankkartenumsätzen soll nicht übertragbar sein, da sie andere Sachverhalte betreffe.

Die österreichische Finanzverwaltung hat bisher noch nicht auf das EuGH-Urteil reagiert bzw. dessen Aussagen noch nicht in die Umsatzsteuerrichtlinien aufgenommen. Die Auswirkung auf die Finanzpraxis in Österreich bleibt daher abzuwarten.