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Einflussreich und unbekannt: Die Rolle der EFRAG im ESG-Reporting

Von:
Timo Goßler,
Marissa Lammers
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EFRAG – wer sich aktuell mit ESG Reporting beschäftigt, hat dieses Kürzel sicher schon mal gehört. Aber wer ist das eigentlich? Wie funktioniert die EFRAG? Und womit können wir als nächstes rechnen? Dieser Artikel liefert die Antworten.
Inhalt

Überblick

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) wurde 2001 gegründet und ist ein nicht-gewinnorientierter Verein mit Sitz in Brüssel. Zu ihren Mitgliedern zählen europäische Interessensverbände, nationale Organisationen und zivilgesellschaftlichen Akteure. Ursprünglich zur Unterstützung der EU-Kommission bei der Implementierung der International Financial Reporting Standards (IFRS) ins Leben gerufen, wurde der Aufgabenbereich der EFRAG 2022 mit dem Auftrag der Europäischen Kommission, die Entwicklung der europäischen Nachhaltigskeitsberichtstandards zu unterstützen, erweitert.  
Bei der Entwicklung der Berichtsstandards für Nachhaltigkeit spielt die EFRAG eine zentrale Rolle, indem sie als beratendes Gremium Empfehlungen an die Europäische Kommission abgibt. So hat die EFRAG beispielweise die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entwickelt, die anschließend von der EU-Kommission geprüft, überarbeitet und als delegierter Rechtsakt erlassen wurden. 

Struktur der EFRAG

Die Aktivitäten der EFRAG lassen sich in zwei wesentliche Bereiche gliedern: Tätigkeiten im Bereich der Finanzberichterstattung (Financial Reporting Board) und Tätigkeiten im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Sustainability Reporting Board). 

Die EFRAG ist in verschiedene Gruppen und Gremien mit unterschiedlichen Aufgaben und Befugnissen unterteilt. Im Sustainability-Bereich ist das EFRAG Sustainability Reporting Board (EFRAG SRB) verantwortlich für alle Positionen und Empfehlungen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dazu gehört insbesondere die fachliche Beratung der Europäischen Kommission zu Entwürfen der EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie deren Änderungen. Zu den Mitgliedern des EFRAG SRB gehören Mitglieder aus europäischen Stakeholder-Organisationen, nationalen Organisationen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft. Das EFRAG SRB wird von einem Vorsitzenden geleitet, der von der Europäischen Kommission ernannt wird.

Das EFRAG SRB wählt wiederum die Mitglieder der EFRAG Sustainability Reporting Technical Expert Group (EFRAG SR TEG) aus. Dabei wird auf Diversität besonders in Hinblick auf beruflichen Hintergrund, Nationalität und Geschlecht geachtet. Die EFRAG SR TEG berät das EFRAG SRB unter anderem auf Grundlage des fachlichen Urteils der einzelnen Mitglieder und wird wiederum von verschiedenen Arbeitsgruppen und dem EFRAG Digital Reporting Consultative Forum beraten.  
Zudem ist die EFRAG SR TEG zusammen mit der EFRAG Financial Reporting Technical Expert Group (EFRAG FR TEG) für die Konnektivität zwischen Finanzberichterstattung und Nachhaltigkeitsberichterstattung zuständig. 
 
Die verschiedenen Arbeitsgruppen der EFRAG arbeiten in einem stetigen Austausch auf Grundlage von offenen und transparenten Konsultationsverfahren sowie unter Einbeziehung von Interessensgruppen an der wirksamen Weiterentwicklung der ESRS. Zahlreiche europäische und internationale Organisationen sind in den Entscheidungsprozessen und der Entwicklung der ESRS involviert. Diese Verbände bringen ihre Expertise ein, um sicherzustellen, dass die Standards praktikabel und an den Anforderungen verschiedener Stakeholder ausgerichtet sind. Österreichische Interessen werden durch die AFRAC (Austrian Financial Reporting Advisory Committee) im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung vertreten.  

Aktuelle Arbeit der EFRAG

Die Arbeit der EFRAG gliedert sich in acht Workstreams: 

  1. Sektoragnostische Standards: Ein zentrales Aufgabenfeld der EFRAG war die Entwicklung der sektoragnostischen Standards. Die EFRAG war von der Europäischen Kommission mit der Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichtserstattungsstandards im Rahmen der CSRD beauftragt worden. Die Standards wurden im Dezember 2023 als delegierter Rechtsakt erlassen.  
  2. Sektorspezifische Standards: Die EFRAG arbeitet zudem an der Entwicklung von sektorspezifischen Standards. Welche Standards als Erstes entwickelt werden, wird von der EFRAG SRB auf Grundlage von Prioritätensetzung entschieden. Aktuell werden Sektoren mit hoher ökologischer Auswirkung und Finanzinstitute aufgrund ihrer bedeutenden Rolle für die Realisierung des Green Deals priorisiert. Dieser Prozess wird jedoch aktuell den Arbeiten an Hilfestellungen zu den sektoragnostischen Standards untergeordnet. 
  3. KMU-Standards: Zwei Arbeitsgruppen der EFRAG arbeiten an der Entwicklung von KMU-Standards. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit einem vereinfachten Standard für börsenorientierte KMUs, kleine Banken und firmeneigene Versicherer (LSME). Zusätzlich wird aktuell ein freiwilliger Standard für KMUs entwickelt (VSME). Diese Standards sollen die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse kleiner und mittelständischer Unternehmen berücksichtigen und somit eine effektivere Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglichen.
  4. Implementierung der ESRS: Ein weiteres zentrales Aufgabenfeld der EFRAG im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Unterstützung bei der Implementierung der ESRS. Konkret umfasst diese Unterstützung die Entwicklung von Implementierungsleitfäden, die Unternehmen dabei helfen sollen, die ESRS-Standards erfolgreich umzusetzen. Es wurden bereits Implementierungsleitfäden zur Wesentlichkeitsanalyse und zur Wertschöpfungskette sowie eine Liste von Datenpunkten / Berichtspflichten veröffentlicht. Darüber hinaus betreibt die EFRAG eine Q&A-Plattform, die es Unternehmen und anderen interessierten Stakeholdern ermöglicht, technische Fragen zu den ESRS-Standards zu stellen, die in regelmäßigen Abständen als „Compilation of Explanations“ beantwortet werden. Bislang wurden bereits ca. 100 Fragen auf diese Weise beantwortet.  
  5. XBRL-Taxonomien: Die EFRAG wurde von der Europäische Kommission mit der Entwicklung der digitalen XBRL-Taxonomien beauftragt. Die sogenannten “Tags” ermöglichen die maschinenlesbare Kennzeichnung von Nachhaltigkeitsberichten, was die Verarbeitung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten erheblich vereinfacht. Im August 2024 hat die EFRAG die entsprechenden Taxonomien veröffentlicht.
  6. Interoperabilität von Standards: Die EFRAG arbeitet außerdem an der Vermeidung redundanter und widersprüchlicher Berichterstattungsstandards durch Dialoge mit z.B. ISSB, GRI und TNFD und fördert somit die Interoperabilität zwischen verschiedenen Standards.  
  7. Zusammenarbeit mit dem ISSB: Gerade der Zusammenarbeit mit dem International Sustainability Standard Board (ISSB) kommt eine besondere Bedeutung zu. Die EFRAG bringt beispielsweise im Rahmen von Konsultationen die europäische Perspektive in die Weiterentwicklung des ISSB Sustainability Disclosure Standards ein.  
  8. Nicht-EU-Standards: Zudem ist die EFRAG an der Entwicklung von Standards für Nicht-EU-Unternehmen beteiligt, die ab 2028 in der EU berichtspflichtig sind. 

Was können wir als Nächstes erwarten?

In den kommenden Monaten sind weitere entscheidende Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erwarten: Die Entwürfe für die sektorspezifischen Standards für Öl & Gas sowie Bergbau & Kohle wurden kürzlich durch EFRAG SR TEG und EFRAG SRB genehmigt. Voraussichtlich im vierten Quartal 2024 werden diese Standards einer öffentlichen Konsultation unterzogen. Gleichzeitig befinden sich die Entwürfe für branchenspezifische Standards für Transport sowie für den Sektor Textilien, Accessoires, Schuhe und Schmuck in der Validierungsphase. Für weitere Sektoren – darunter Finanzinstitute, Landwirtschaft, Viehzucht und Fischerei, Kraftfahrzeuge, Energieerzeugung und -versorgung sowie Lebensmittel und Getränke - liegen die Entwürfe derzeit entweder als Frühentwurf vor oder befinden sich noch in der Forschungsphase.

Was werden wir in Zukunft berichten?

In den nächsten Artikeln werden wir die aktuellen Entwicklungen und Fortschritte in den verschiedenen Workstreams der EFRAG detaillierter betrachten und die praktischen Auswirkungen für Unternehmen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzeigen.