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AbgÄG 2023: Entstrickungsbesteuerung auf Anteilsinhaberebene

By:
Eda Ünver,
Claudia Synek
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Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2023 (AbgÄG 2023) wurden neue Entstrickungstatbestände für Verschmelzungen und Spaltungen auf Ebene der Anteilsinhaber eingeführt. Die neuen Regelungen sind grundsätzlich bei Side-Stream-Umgründungen mit einem Stichtag nach dem 30.06.2023 anzuwenden.
Contents

Hintergrund der Bestimmung 

Wenn es aufgrund einer Umgründung zur Einschränkung des österreichischen Besteuerungsrecht kommt, sind im österreichischen Umgründungssteuerrecht diverse Regelungen für die sogenannte Entstrickungsbesteuerung vorgesehen. Bisher war der Verlust oder die Einschränkung des Besteuerungsrechtes auf Anteilsinhaberebene bei Verschmelzungen und Spaltungen gesetzlich nicht verankert. Diese Gesetzeslücke wurde nun durch das AbgÄG 2023 für Umgründungen mit einem Stichtag nach dem 30.06.2023 geschlossen. 

Entstrickung im Rahmen einer Verschmelzung

Der Anwendungsbereich des neu eingeführten § 5 Abs 1 Z 6 UmgrStG zielt insbesondere auf folgende Konstellationen ab, die in mehreren Schritten erfolgen.

In einem ersten Schritt kommt es durch die Übertragung von Kapitalanteilen im Rahmen einer Side-Stream-Verschmelzung auf eine ausländische Körperschaft ohne Gewährung einer Gegenleistung zur Einschränkung des Besteuerungsrechts in Österreich. 

In einem weiteren Schritt (und dieser hat in zeitlicher Nähe zu erfolgen) kommt es zu einer Veräußerung der Anteile durch die ausländische übernehmende Körperschaft (= Anteilsinhaber) oder zu einem Ausscheiden der Kapitalanteile aus dem Betriebsvermögen des Anteilsinhabers. Die Wegzugsbesteuerung auf Ebene des Anteilsinhabers wird angewendet, wenn der Umgründungsvorgang in zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung steht und Österreich kein Besteuerungsrecht mehr zusteht. Besteuert werden die aufgedeckten stillen Reserven, also die Differenz zwischen dem Buchwert und dem fremdüblichen Veräußerungserlös. Wann ein „zeitlicher Zusammenhang“ vorliegt, wurde gesetzlich nicht näher definiert. Aus der Verwaltungspraxis lässt sich allerdings festhalten, dass eine Veräußerung oder ein Ausscheiden nach Ablauf von 10 Jahren jedenfalls keine Entstrickungsbesteuerung mehr auslöst. Bei einem kürzeren Zeitraum ist eine Einzelfallbetrachtung anzustellen. 

Entstrickung im Rahmen einer Spaltung

Analog zu den Bestimmungen der Verschmelzung sieht die neue Regelung in § 36 Abs 3 Z 3 UmgrStG vor, dass es auf Ebene der Anteilsinhaber zur Besteuerung kommt, wenn das österreichische Besteuerungsrecht durch die Spaltung eingeschränkt wird. Diese Regelung soll bei Ab- und Aufspaltungen innerhalb eines Konzernverhältnisses gelten, wenn Vermögen auf einen ausländischen Anteilseigner übertragen wird, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt und in zeitlicher Nähe eine nachgelagerte Veräußerung oder ein Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen stattfindet. Auch hier ist das Vorliegen eines engen zeitlichen Zusammenhangs Voraussetzung für die Anwendung des Entstrickungstatbestandes. Bei Realisierung des Tatbestandes kommt es zu einer Besteuerung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert und dem maßgeblichen Wert der Anteile an der übertragenen Körperschaft (=dem fremdüblichen Veräußerungserlös).

Zusammenfassung

Bisher gab es im österreichischen Umgründungssteuerrecht keine spezifischen Bestimmungen zur Besteuerung auf Anteilsinhaberebene bei Verschmelzungen und Spaltungen innerhalb eines Konzernes, wenn das Besteuerungsrecht der Republik Österreich eingeschränkt wurde. Mit den neu eingeführten Bestimmungen wird die nachgelagerte Veräußerung bzw. das Ausscheiden der Kapitalanteile der übernehmenden Körperschaft aus dem Betriebsvermögen nach dem Umgründungsvorgang besteuert. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Umgründung und Veräußerung ist dabei erforderlich; das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird in der Praxis wohl einzelfallbezogen zu beurteilen sein. Die Bestimmungen betreffen Verschmelzungs- und Spaltungsvorgänge mit einem Stichtag nach dem 30. Juni 2023.

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In diesem Artikel wird aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet. Selbstverständlich beziehen sich alle Personenbezeichnungen gleichermaßen auf alle Geschlechter.