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EU-Lieferkettengesetz: Was kommt auf Unternehmen zu?

Mag. Marlene Hanschitz-Halikias, CVA
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Bereits im Februar 2022 legte die Europäische Kommission einen Richtlinien-Vorschlag betreffend eines EU-Lieferkettengesetzes vor („Corporate Sustainability Due Diligence Directive“; kurz CSDDD). Nun hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments seine Positionierung zu diesem beschlossen.
INHALTE

Ziel der CSDDD ist es, dass Unternehmen, die in der EU tätig sind, zukünftig zur Achtung von Menschenrechten und Umweltbelangen in globalen Wertschöpfungsketten gesetzlich verpflichtet werden. Einzelne Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Deutschland, haben nationale Lieferkettengesetze verabschiedet. Um eine Fragmentierung zu verhindern und innerhalb des Europäischen Binnenmarkts einheitliche Rahmenbedingungen sicherzustellen, soll nunmehr ein Europäisches Lieferkettengesetz folgen. Die finale Richtlinie der EU ist aber weiterhin abzuwarten.

Ziele der CSDDD?

Zentrale Ziele des Entwurfs der Corporate Sustainability Due Diligence Directive sind hierbei eine erhöhte Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette und damit einhergehend:

  • Umfassende Sorgfaltspflichten für Umwelt und Menschenrechte und damit einhergehend eine Verbesserung der Corporate-Governance-Praktiken und Prozesse auch über das Unternehmen hinaus entlang der gesamten Wertschöpfungskette;
  • Rechenschaftspflicht der Unternehmen für nachteilige Auswirkungen;
  • Vereinheitlichung der Sorgfaltspflichten im Binnenmarkt und Schaffung von Rechtssicherheit, so dass innerhalb des Binnenmarkts nicht durch Fragmentierung der Gesetzgebung auf diesem Gebiet ungleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden;
  • Zivilrechtliche Haftung im Zusammenhang mit der Nichterfüllung und Sicherstellung dieser Haftung durch die Mitgliedsstaaten;

Was bedeutet das EU-Lieferkettengesetz für Unternehmen?

Unternehmen müssen gemäß der vorläufigen CSDDD Sorgfaltspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit in die Unternehmensführungssysteme integrieren und umsetzen. Das Konzept der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht stützt sich dabei auf die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und werden durch die CSDDD auf die Themen Umwelt und Unternehmensführung ausgeweitet.

Im Rahmen dieser Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette eines (im Anwendungsbereich der CSDDD liegenden) Unternehmens sind tatsächliche und potentielle Auswirkungen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit, der Wertschöpfungsketten und sonstiger Geschäftstätigkeiten der Unternehmen zu evaluieren. Es sind Risiken im Bereich Menschenrechte und Umweltbelange zu identifizieren, vorzubeugen, zu minimieren, zu überwachen und darüber Bericht zu erstatten. Dies bedeutet, dass Unternehmen nicht nur verpflichtet sind Risiken zu erkennen oder einen Verhaltenskodex zu etablieren, sondern es handelt sich um einen „call-to-action“. D.h. es müssen negative Auswirkungen nach Möglichkeit wirksam abgestellt oder angemessen minimiert werden. Beispielsweise müssen vertragliche Zusicherungen für die Einhaltung eines Verhaltenskodex durch Zulieferer wirksam überwacht werden. Weiters ist ein Beschwerdeverfahren einzurichten.

Für welche Unternehmen ist das EU-Lieferkettengesetz relevant?

Dies steht noch nicht final fest. Die aktuelle Rechtsposition, über die Anfang Juni 2023 im Europäischen Parlament abgestimmt wird, sieht eine Erweiterung des Anwenderkreises im Vergleich zu dem Vorschlag der EU-Kommission vor. Demnach würden alle   

  • EU-Unternehmen mit mehr als 250 ArbeitnehmerInnen weltweit und mehr als 40 Millionen EUR Umsatzerlöse weltweit,
  • EU-Mutterunternehmen mit mehr als 500 ArbeitnehmerInnen weltweit und mehr als 150 Millionen EUR Umsatzerlöse weltweit sowie
  • Nicht-EU Unternehmen mit mehr als 150 Millionen EUR Umsatzerlösen, wovon 40 Millionen EUR innerhalb der EU erwirtschaftet werden

in den Anwenderkreis fallen. Bei Nicht-Erfüllung der Vorgaben fordert der Vorschlag u.a. die Verhängung von Strafen in Höhe von mind. 5% der weltweiten Nettoumsatzerlöse. 

Wie geht es weiter mit dem EU-Lieferkettengesetz?

Wie oben dargestellt, liegt der Vorschlag der Europäische Kommission bereits seit Anfang 2022 vor. Im April 2023 beschloss der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments seine Positionierung. Im Anschluss folgen die Verhandlungen im Trilog zwischen EP, Rat und Kommission. Sobald die EU-Richtlinie verabschiedet ist, wird erwartet, dass Österreich 2 bis 3 Jahre Zeit für die Umsetzung in nationales Recht. Dies kann zur Anpassung der bestehenden Gesetze erfolgen oder durch die Verabschiedung eines Lieferkettengesetzes.

Spätestens nach finalem Beschluss ist der Handlungsbedarf zu evaluieren. Die Wertschöpfungsketten vieler Unternehmen sind jedoch ausgesprochen komplex und es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass bereits heute auch andere Gesetzesinitiativen der EU, wie beispielsweise die CSRD, die Lieferkette in den Blick nehmen.

 

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag keine individuelle Rechtsberatung ersetzt und Sachverhalte ggfs. verkürzt oder auf Grundlage derzeitiger Einschätzungen dargestellt werden. Grant Thornton übernimmt keine Haftung für die Vollständigkeit oder Richtigkeit der dargestellten Informationen.