Recovery & Reorganisation

Restrukturierung in Österreich

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Ein Gesetzesentwurf zur Restrukturierung von Unternehmen ist notwendig geworden, da auch Österreich der Umsetzung einer EU-Richtlinie für ein vorinsolvenzliches Verfahren (bis Juli 2021) nachkommen muss.
Inhalt

Gesetzesentwurf zur Restrukturierung

Der Entwurf beruht auf:

  • bestehenden EU-Rechtsvorschriften mit Bezug auf präventive Restrukturierungsrahmen welche in einigen Mitgliedstaaten als Restrukturierungsregelungen (z.B. im französischen, deutschen, spanischen und italienischen Recht) bereits umgesetzt wurden, sowie
  • einigen Bestimmungen zur Regelung von Verfahren nach Kapitel 11 des US-amerikanischen Bankruptcy Code.

 

Zusammenfassung der Regierungsvorlage (RV) Insolvenzrecht EU-Richtlinie RIRL (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie EU 2019/1023)

Ministerialentwurf:

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem zur Umsetzung der Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz ein Bundesgesetz über die Restrukturierung von Unternehmen geschaffen sowie die Insolvenzordnung, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz – RIRL-UG)

 

Überblick über die wichtigsten Punkte der RV

Kernstück/Ziel/Inhalt der Richtlinie ist die Schaffung eines europaweit harmonisierten präventiven Restrukturierungsrahmens, umgesetzt in einem gerichtlichen, vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahren für Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Maßnahmen wie Umstrukturierung, Umschuldung und vor allem Forderungskürzungen von Gläubigern sollen frühzeitig („bei Eintritt einer wahrscheinlichen Insolvenz“) ihren Fortbestand sichern oder wieder herstellen und unnötige Liquidierungen bestandfähiger Unternehmen (Fortbestehensprognose) abwenden oder zumindest begrenzen. Durch volle Entschuldung in einem auf drei Jahre verkürzten Zeitrahmen soll „redlichen Schuldnern“ eine zweite Chance geboten werden. Gleichzeitig soll die Fortführung der Geschäftstätigkeit in Eigenverwaltung mit einem Restrukturierungsplan und mit Unterstützung durch einen/einer Restrukturierungsbeauftragten ganz oder teilweise ermöglicht werden. Dadurch sollen auch:

  • europaweit Arbeitsplätze gesichert,
  • notleidende Kredite abgebaut und
  • die Wirtschaft gefördert werden.

 

1. Anwendungsbereich

Juristische und natürliche Personen, die ein Unternehmen betreiben.
Ausgenommen ist der Finanzsektor, öffentliche Stellen.

 

2. Zuständigkeit / Verfahrensregeln

Verweis auf Anwendung der Insolvenzordnung – auch für die Zuständigkeit des Gerichts - sofern in diesem Gesetz nichts Abweichendes angeordnet wird.

Vereinfachtes Restrukturierungsverfahren: Dieses ist vom Schuldner dann bei Gericht zu beantragen, wenn nur Finanzgläubiger betroffen sind und diese mehrheitlich im Verhältnis zu ihren Forderungen berücksichtigt werden, Minderheiten können überstimmt werden.

Ordentliches Restrukturierungsverfahren: Restrukturierung der Verbindlichkeiten, mit Ausnahme der Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern, durch eine gerichtlich bestätigte mehrheitliche Abstimmung der Gläubiger, Minderheiten können nur mit gerichtlicher Genehmigung überstimmt werden.

 

3. Voraussetzungen

Vorliegen einer „wahrscheinlichen Insolvenz“ (drohende Zahlungsunfähigkeit, Eigenmittelquote unter 8%, fiktive Schuldentilgungsdauer länger als 15 Jahre) des Schuldners, die dann vorliegt, „wenn der Bestand des Unternehmens ohne Einleitung von Restrukturierungsmaßnahmen gefährdet wäre“. Das Restrukturierungsverfahren ist dann als Regelfall vorgesehen.

Die Bestandfähigkeit muss gegeben sein. Der Schuldner hat eine Mitwirkungspflicht, er muss alle notwendigen Informationen und Nachweise darüber, wie z.B. Jahresabschlüsse zumindest für die letzten 3 Jahre, die die Gläubiger für die Restrukturierungsverhandlungen brauchen, vorlegen. Die Beurteilung der Bestandfähigkeit verlangt eine Fortbestehensprognose, sie kann aber auch von der Annahme des Restrukturierungsplans abhängig sein.
Eine Prüfung der Zahlungsunfähigkeit bei der Einleitung des Restrukturierungsverfahrens erfolgt durch das Gericht, liegt eine solche aber vor, ist dieses Verfahren nicht möglich.
Der Schuldner kann aber im Sinne des Insolvenzrechts überschuldet sein.
Tritt die Zahlungsunfähigkeit während des Verfahrens ein oder lag sie bei der Einleitung vor, wird das Insolvenzverfahren beantragt und das Gericht muss dieses eröffnen. Nicht aber dann, wenn es nicht im allgemeinen Interesse der Gläubiger liegt, also eine Einigung über den Restrukturierungsplan unmittelbar bevorsteht.
Wird zusätzlich eine Vollstreckungssperre beantragt, schließt Zahlungsunfähigkeit das Restrukturierungsverfahren aus.

 

4. Durchführung und Ablauf des Restrukturierungsverfahrens

Der Schuldner hat den Antrag auf Einleitung unter Vorlage eines Restrukturierungsplans zu stellen. Er behält im Verfahren ganz oder teilweise die Kontrolle „über Vermögenswerte und den täglichen Betrieb seines Unternehmens“– Eigenverwaltung. Die Eigenverwaltung kann vom Gericht oder durch Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten beschränkt werden, jedoch nicht durch „Beschränkungen, die einen Schuldner kraft Gesetzes im Konkursverfahren treffen“.

Wird zur Unterstützung der Restrukturierungsverhandlungen auch eine Vollstreckungssperre beantragt, muss das geheime Verfahren bekannt gemacht werden. Exekutionsverfahren auf das Vermögen des Schuldners sind dann für die Dauer von 3 Monaten unzulässig, sie ist einmal auf maximal 6 Monate verlängerbar.
Wird ein Restrukturierungsplan nicht mit Antragstellung vorgelegt, so muss dieser innerhalb von 60 Tagen ab Antrag dem Gericht vorgelegt werden, das innerhalb von 30 bis 60 Tagen ab Vorlage eine Restrukturierungstagsatzung anzusetzen hat.

5. Annahme, Abstimmung und Bestätigung Restrukturierungsplan

Der Schuldner muss die (von gekürzten Forderungen, Stundungen) betroffenen Gläubiger in Gläubigerklassen einteilen:

  • Gläubiger mit besicherten Forderungen,
  • Gläubiger mit unbesicherten Forderungen,
  • Anleihegläubiger, schutzbedürftige Gläubiger mit Forderungen unter 10.000 Euro und
  • Gläubiger nachrangiger Forderungen.
  • Die Abstimmung erfolgt in Gläubigerklassen nach einer Kopf- und Forderungsmehrheit (mindestens 75% der Forderungsmehrheit der anwesenden betroffenen Gläubiger).
  • Ein Restrukturierungsplan, der nicht in jeder Abstimmungsklasse von den betroffenen Gläubigerklassen angenommen wurde, kann über Antrag des Schuldners vom Gericht bestätigt werden (klassenübergreifender Cram-down).

Klassenübergreifender Cram-down:

  • Annahme des Restrukturierungsplans von einer Mehrheit der Gläubigerklassen einschließlich der besicherten Gläubiger (Cram-down nur bei Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten möglich) oder
  • Annahme des Restrukturierungsplans von einer Mehrheit der Gläubigerklassen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass diese im Falle eines Insolvenzverfahrens eine Verteilungsquote erhalten würden.


Der Restrukturierungsplan soll im Wesentlichen

  • die in Aussicht genommenen Restrukturierungsmaßnahmen
  • die Angabe der betroffenen und nicht betroffenen Gläubiger (nicht alle Gläubiger müssen einbezogen werden)
  • die Einteilung in Gläubigerklassen und
  • die Laufzeit des Planes

umfassen. Der Restrukturierungsplan bedarf der Bestätigung durch das Gericht.

 

6. Änderungen der Insolvenzordnung

  • Neue Finanzierungen, Zwischenfinanzierungen und Transaktionen (werden genau definiert) sind geschützt und nicht wegen Überschuldung anfechtbar.
  • Verlängerung der Anfechtungsfristen vom Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden um die Dauer des Restrukturierungsverfahrens verlängert und nicht nur um die Dauer der Vollstreckungssperre.

Sie haben noch Fragen? Unser Experte Wolfgang Kaltenegger unterstützt Sie gerne.

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