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Austritt eines Arbeitnehmers bei Gesundheitsgefährdung

Judith Schützinger Judith Schützinger

Der OGH entschied kürzlich (8 ObA 52/19h), dass ein Angestellter bei Gesundheitsgefährdung unter bestimmten Voraussetzungen ohne zeitliche Einschränkung aus dem Dienstverhältnis austreten kann. Im vorliegenden Fall war strittig, ob der Austritt der Klägerin wegen dauerhafter Gesundheitsgefährdung gemäß § 26 Z 1 AngG rechtzeitig erfolgte.

Der Arbeitgeber bestritt nicht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Austrittserklärung am 18.01.2017 nicht in der Lage war, ihre Tätigkeit als Sekretärin in seiner Rechtsanwaltskanzlei ohne Schaden für ihre Gesundheit wieder aufzunehmen. Gegen die von ihr geltend gemachten beendigungsabhängigen Ansprüche wendete er aber ein, die Klägerin habe ihren Austritt nicht rechtzeitig erklärt, weil sie bereits seit November 2016 vom Austrittsgrund Kenntnis gehabt habe, jedenfalls aber weil ihr Austritt unverzüglich nach dem 09.01.2017 hätte erfolgen müssen, nachdem die Verhandlungen zwischen den Parteien über eine einvernehmliche Auflösung gescheitert waren.

 

Die Entscheidung des OGH

Der OGH teilt die Ansicht des Arbeitgebers nicht und gab der Arbeitnehmerin Recht:

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Gefährdung der Gesundheit eines Angestellten bei Fortsetzung einer bestimmten Tätigkeit ein Dauerzustand, auf den er oder sie sich jederzeit zur Rechtfertigung einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen kann.

Normalerweise muss ein Entlassungsgrund oder ein berechtigter Austrittsgrund unverzüglich nach dessen Kenntnisnahme geltend gemacht werden, indem die Entlassung oder der Austritt gegenüber der anderen Vertragspartei unverzüglich erklärt wird. Der Arbeitgeber argumentierte zudem, dass durch die verspätete Austrittserklärung das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung weggefallen sei.

Laut OGH gilt die Notwendigkeit der rechtzeitigen Austrittserklärung allerdings nicht für den Austrittsgrund der „Gesundheitsgefährdung“. Bei einer Erkrankung des Dienstnehmers nehme mit der fortschreitenden Dauer der Krankheit auch das Ausmaß der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu, sodass die zwingende Annahme des Untergangs des Entlassungsrechts bzw. des Fehlens des Tatbestandsmerkmals der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nicht zutreffe.

Zudem liege durch die Ausübung des Austrittsrechts erst nach Ablauf des (vertraglich vereinbarten) Entgeltfortzahlungszeitraums bzw. Krankenstandes kein Verstoß gegen die allgemeinen vertraglichen Grundsätze von Treu und Glauben vor. Ebenso wenig entstand ein konkludenter Verzicht zur Ausübung des Austrittsrechts durch die fehlende Unverzüglichkeit der Abgabe der Austrittserklärung vonseiten der Arbeitnehmerin.

Informiert somit eine Arbeitnehmerin, unmittelbar nachdem ihr klar wird, dass bei ihr eine dauerhafte Gesundheitsgefährdung vorliegt, ihren Arbeitgeber über die genaue Erkrankung und nimmt mit ihm Verhandlungen über eine einvernehmliche Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses auf, so ist der neun Tage nach dem endgültigen Scheitern der Verhandlungen erklärte vorzeitige Austritt wegen Gesundheitsgefährdung berechtigt. Angesichts des vorliegenden Dauerzustands der Gesundheitsgefährdung ist die Austrittserklärung rechtzeitig erfolgt, zumal die Arbeitnehmerin vorher kein Verhalten gesetzt hat, das dem Arbeitgeber die Annahme erlaubt hätte, sie hätte auf ihr Austrittsrecht verzichtet oder die Absicht geweckt, in die Arbeit zurückzukehren.

Für Rückfragen steht Ihnen unsere Payroll-Expertin Judith Schützinger gerne zur Verfügung.